Die Selbstdarstellung ist die Königsklasse der Kommunikation, weil das Ich weniger über sich selbst weiß, als es gern glauben möchte. Dennoch versuche ich hier einen ersten Eindruck des Mannes zu vermitteln, der die Wortkaskade zum Sprudeln bringt. Schließlich geht es in Marketing und Werbung nach wie vor um das Vertrauen zu Persönlichkeiten – glücklicherweise.

07/1963
Als meine Mutter in den Wehen liegt, zieht der Umzug des Stadtfestes unter den Fenstern des Krankenhauses vorbei. Während ich das Licht der Welt erblicke, steht der verantwortliche Arzt mit einem Fernglas am Fenster und beobachtet seelenruhig das farbenfrohe Treiben. Die wichtigsten Dinge im Leben muss man eben doch allein machen.

09/1965
Eine Freundin meiner älteren Schwester lacht herzlich, als sie mich in meinem Kinderwagen kläglich weinen sieht. Meine bitteren Tränen interpretiert sie als Äußerungen größten Vergnügens, was belegt, wie eng Freud und Leid auch in ihrer Ausdrucksform beeinanderliegen.

07/1973
Am Strand des dänischen Seebades Juelsminde finde ich eine winzige Maismuschel, unvergleichlich schön in Form und Farbspiel. Ich entdecke, dass es die kleinen Ereignisse sind, die uns glücklich machen können und die uns für immer bleiben. Noch heute hat die Muschel ihren Ehrenplatz in einem mit Watte ausgekleideten Marmeladeglas.  

11/1995
Meiner Doktorarbeit in Anglistik zum Thema „Klatsch, Gerücht und Wirklichkeit bei Nathaniel Hawthorne“ stelle ich folgende Danksagung voran:
„In ewiger Dankbarkeit verbunden bin ich meinem Schreibtisch, der die Last meines müden Hauptes stets klaglos trug, meinem Nymphensittich Tarzan, der mich durch endloses Kreischen davon abhielt, besagten Schreibtisch zu früh in Anspruch zu nehmen, unserer Schäferhündin Wendi, die mich immer dann zu langen Spaziergängen abschleppte, wenn der Wahnsinn mich zu übermannen drohte, dem Freiburger DFG-Sonderforschungsbereich ,Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit‘, der mich vor dem Hungertode bewahrte, und der Autobahn unter unserem Fenster, die mich mit allen Sinnen wahrnehmen ließ, dass es da draußen noch etwas anderes als die Wissenschaft gibt.“

1/1998
Der Agenturchef knallt seinem frischgebackenen Juniortexter Dr. Menzel eine BILD-Zeitung auf die Juniortexterschreibspanplatte mit den dürren Worten: „So textet man“, wobei er auf eine Headline verweist, die an Plattheit und Irrelevanz kaum zu überbieten ist. Am folgenden Tag legt besagter Juniortexter eine Ausgabe der ZEIT auf den seidenärmelpolierten und garantiert schriftmaterialfreien Schreibtisch des selbst ernannten Werbegurus und meint freundlich lächelnd: „Und so texte ich.“

9/2008
Nach vier Stationen als leidender Angestellter in Werbeagenturen erhalte ich endlich eine Umsatzsteueridentnummer (eine der vielen Wortschöpfungen der Steuergesetzgebung, für die ein von genialischem Wahnsinn umnebelter Texter Millionen eingestrichen haben müsste) und schlage ein Loch in den Felsen, aus dem die Wortkaskade strömen soll. Auch wenn die so gewonnene Freiheit sich schnell als relative Größe entpuppt, überwiegt bei Weitem die Freude daran, den Fluss der Dinge in entscheidendem Maße lenken und Verantwortung für gelungene Strategien, Kommunikationskonzepte und Ausgestaltungen tragen zu können.

6/2009
Der Quelle der Kreativität entspringt das Kulturunternehmen SeeLese (www.seelese.de) mit literarischen Spaziergängen am Bodensee, Literaturkabarett, Schauspiel und Moderation. Damit wird mein Traum wahr, literaturwissenschaftliche und darstellerische Fähigkeiten zu verbinden.

Wenn ich nur wüsste, wer ich bin